Donnerstag, 12. November 2009

Spannender als jeder Geschichtsunterricht

Was der Mauerfall 1989 mit den FSJ'lern in Belgien zu tun hat - und warum er plötzlich Thema beim Kaffeetrinken wird.
Es gibt Dinge, über die macht man sich ausgerechnet in Momenten Gedanken, die im ersten Augenblick total irrsinnig erscheinen. Denn eigentlich, hätte es schon viel passendere Gelegenheit gegeben sich damit auseinander zu setzen. Beispiel: DDR und Mauerfall. So komisch es klingt – aber gerade jetzt wo ich in Belgien bin, denke ich erstmals so richtig darüber nach. Klar, im Geschichtsunterricht in der Schule wurde darüber gesprochen. Und ein paar Filme habe ich auch schon gesehen. Aber ansonsten war das Thema für mich bislang doch eher belanglos. Warum werde ich dann ausgerechnet in einer Zeit, in der ich nicht in Deutschland lebe, damit konfrontiert?

Ich schenkte mir gerade eine Tasse Kaffee in der Küche des Kinderheims ein, als mich der Hausmeister fragte, ob ich denn heute eigentlich groß feiern würde. Erst schaute ich ihn fragend an, dann kapierte ich was er meinte: Heute war Montag, der 9. November, 20. Jahrestag des Mauerfalls. Naja, ich war damals vor 20 Jahren ja noch ein kleines Baby, das Ganze spielt für mich gar keine so große Rolle mehr, sagte ich und gab noch einen Schuss Milch in meine Kaffeetasse.

Ohne jetzt pseudo-philosophisch zu werden – aber als ich mir später das Ganze noch einmal durch den Kopf gehen ließ, kapierte ich, dass es mich doch mehr betrifft als ich dachte. Nicht nur in Deutschland. Auch hier in Belgien, merk‘ ich was davon. Zum Beispiel wenn ich an unsere FSJler-Truppe denke, mit der ich fast jedes Wochenende irgendwo im Land unterwegs bin. Bunt gemischt, setzt sie sich unter anderem aus fünf Ungarn und Freiwilligen aus Ostdeutschland zusammen. Was die so von Erlebnissen ihrer Eltern zu Zeiten der DDR berichten können ist spannender als jeder Geschichtsunterricht! Da ärgere ich mich manchmal ein bisschen darüber, dass ich eigentlich weniger über die DDR-Zeit weiß als ich bislang dachte.

Deutlich ist mir das vor allem geworden, als am Montagnachmittags doch tatsächlich mehrere Kinder aus dem Heim auf mich zu gekommen sind, um von dem Deutschen etwas über den Mauerfall zu erfahren. Morgens in der Schule wurde bei einigen im Unterricht anlässlich des Jahrestages darüber gesprochen. Vor allem der damals eingeschränkte Konsum exotischer Früchte (Bananen) beschäftigte die Kleinen! Ich hätte nie gedacht, dass der Mauerfall in Belgien so ein großes Thema ist. Alle Zeitungen hatten ihre Aufmacher dem Jahrestag gewidmet. Und gleich drei Mitarbeiter des Kinderheims erzählten mir spontan von sich aus, welche Erinnerung sie an den Tag des Mauerfalls haben.

Vielleicht ist die Tatsache, dass man sich ausgerechnet fernab der Heimat mehr Gedanken über Themen macht mit denen man sich zuvor eher wenig beschäftigt hat ja gar nicht so irrsinnig. Vielleicht merkt man manchmal erst so richtig von welch großer Bedeutung bestimmte Dinge sind, wenn man sieht, auf welche Art und Weise man sich außerhalb Deutschlands damit auseinander setzt…

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