Donnerstag, 29. Oktober 2009

Mamma Mia: Am Steuer zeigen Belgier italienische Ausgelassenheit

Wenn's in Belgien nicht im Schnitt an jedem dritten Tag regnen würde, könnte man fast meinen, man sei in Sizilien - zumindest was die chaotische Fahrweise vieler Belgier angeht.
Jetzt gibt's kein zurück mehr. Der VW-Bus steht mitten auf der Kreuzung. Andere Autofahrer hupen schon ungeduldig. Nein, mit dem Auto in Brüssel unterwegs zu sein ist nix für schwache Nerven! Gut, dass der junge Erzieher, der mit mir gemeinsam im Kinderheim arbeitet, die Ruhe in Person ist. Gelassen sitzt er am Steuer des blauen VW-Busses. Meine Knie zittern dagegen ehrlich gesagt schon ein bisschen!

Es ist Feierabend-Verkehr in Brüssel! Die Straßen sind voll. Und bei der Kreuzung in die wir eingefahren sind drängeln Autos, Busse, Straßenbahnen und Lkw aus sechs verschiedenen Richtungen. Von Ampeln ist an diesem Knotenpunkt - und das in Europas Hauptstadt wohlbemerkt - aber nichts zu sehen. Fahren, frei nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. "C'est la guerre" (etwa: "Das ist wie im Krieg") würde man auf Französisch jetzt sagen.

Obwohl: Die Belgier kommen mit dieser Art von Verkehrsregelung gut zurecht. Sie haben beim Autofahren sogar richtig Spaß (auch wenn das Foto, das einen belgischen Comic zeigt, dies auf den ersten Blick nicht vermuten lässt). Und im Gegensatz zu vielen deutschen Autofahrern achten sie nicht die ganze Zeit total verklemmt darauf, bloß keinen Kratzer in ihren frisch geputzten BMW-Lack zu fahren. Letztere hätten angesichts des Durcheinanders auf Brüsseler Straßen wohl schon längst einen Nervenzusammenbruch erlitten...

Nicht selten gilt: Augen zu und durch! Das Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen ist für viele nur ein Richtwert. Innerhalb kleinerer Ortschaften ist oft sogar Tempo 70 erlaubt. Und Zebrastreifen gelten als unnötige Straßenmalereien.

Vor allem letzteres darf ich jeden Morgen aufs Neue erfahren. Wenn ich die Kinder zur Bushaltestelle bringe halten die wenigsten Autofahrer von sich aus am Zebrastreifen an, zumindest sollte man darauf am Straßenrand warten. Um die Straße zu überqueren muss man selbstbewusst loslaufen - der nächste Autofahrer hält bestimmt (wenn auch nur gefühlte zehn Zentimeter vom Zebrastreifen entfernt). Als Dank winkt man als Fußgänger dem Wartenden dann noch freundlich zu. Immerhin hat man es ohne irgendwelche Blessuren auf die andere Straßenseite geschafft...

Eines ist jedenfalls weitaus sicherer, als über den Zebrastreifen zu laufen: Egal ob man als Auto-, Fahrradfahrer oder zu Fuß auf Belgiens Straßen unterwegs ist. Es sind auf jeden Fall Momente, in denen man die vielen Regentage schnell vergisst. Kein Wunder, der belgische Straßenverkehr erinnert schließlich - zumindest subjektiv gesehen - an den im sonnigen Sizilien!

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